Das Verbot durch die australische Regierung der Übernahme des australischen Getreideexporteurs Graincorp ist der vorläufige Höhepunkt einer Welle von wirtschaftlichen Nationalismus, der sich auf der ganzen Welt ausbreitet. Offenbar bedroht der amerikanische Konzern Archer Daniels Midland die nationale Sicherheit Australiens, sollte er Graincorp kaufen.
Richtig los ging die augenblickliche Protektionismuswelle im Jahr 2006, als Dubai Ports einige Hafenkonzessionen in den Vereinigten Staaten übernehmen wollten. Die waren zwar schon in ausländischer Hand (britische Peninsular & Oriental Steam Navigation Co, besser als „P&O“ bekannt), doch ein amerikanischer Vertragspartner von P&O befürchtete schlechtere Konditionen nach einer Übernahme durch Dubai Ports und überzeugte den demokratischen Senator Charles Schumer, daraus einen Skandal zu machen. Schumer witterte einen politischen Coup und konnte mit vermeintlicher Bedrohung der nationalen Sicherheit einen Keil zwischen republikanische Abgeordnete, die vor allem Arabischen zittern, und den pragmatischeren Präsident Bush schieben. Dubai Ports gab entnervt nach.
Doch mit diesem Miniskandal hatte der Zaubermeister Protektionismusgeister losgelassen, die immer neue Blüten schlagen. Ende 2012 wollte die chinesische Ölfirma CNOOC die kanadische Nexen kaufen. Daraufhin blockierte der kanadische Ministerpräsident nicht etwa diese Fusion, sondern eine andere: die Übernahme von Progress Energy durch die malaysische Ölgesellschaft Petronas. Offenbar drohte eine Invasion Kanadas durch Malaysia. Nachdem Premier Stephen Harper genug politische Punkte gesammelt hatte, wurden beide Fusionen genehmigt.
Ein ähnliches Polittheater hatten Beobachter auch bei Graincorp erwartet: die Übernahme fiel genau in den australischen Wahlkampf im Herbst. Umso überraschender kam jetzt die Blockade durch die Regierung, die offenbar schlechte Schlagzeilen gleich nach der Wahl verhindern will. Australien ist ein wichtiger Getreidelieferant für Asien und den nahen Osten, und drei der fünf zugelassenen Exporteure sind ausländische Unternehmen: ein amerikanisches, ein japanisches, ein schweizer. Dass durch eine Übernahme einer Getreidetransportfirma eine Invasion Australiens durch die U.S.A. wahrscheinlicher wird, kann man bezweifeln. Stattdessen bleiben jetzt erstmal die von ADM zugesagten 250 Millionen Dollar an Investitionen aus, was gerade den Getreidebauern schadet, die durch die Blockade eigentlich geschützt werden sollten.
Das einzig positive aus deutscher Sicht ist, dass im Koalitionsvertrag bisher nichts vom Protektionismus bei Firmenübernahmen steht. Doch man kann sich leicht vorstellen, dass bei dem Thema ein schneller Konsens gefunden wird: für die Linken geht es um die Eindämmung bösen Finanzkapitals; für die Rechten um den Schutz des Landes vor gefährlichen Ausländern. Eigentlich ein Wunder, dass noch keiner der Koalitionäre auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner gekommen ist.
Diesem Blog folgen





Diesen Beitrag weiterempfehlen













