Heiße Luft um Yuan-Handel: Dim Sum in Frankfurt dank Tarek Al-Wazir

Wenn der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Staatschef Xi Jinping jubeln, dass die Bundesbank und die chinesische Zentralbank jetzt gemeinsam chinesischen Staatskonzernen helfen, die Vorschriften der chinesischen Wechselkursbehörde zu umgehen, dann ist das eher ein Symptom einer aus den Fugen geratenen staatlichen Verwaltung als ungezügelter Finanzmärkte.

Bild: Wilhelmine Wulff  / pixelio.de

Bild: Wilhelmine Wulff / pixelio.de

Jetzt soll also Frankfurt der erste Handelsplatz für die chinesische Währung Renminbi außerhalb Asiens werden. Dabei hebelt der deutsche Staat chinesische Bürokraten aus und fördert ungezügelte Finanzmärkte.

Zwei Abkommen wurden geschlossen: das erste zwischen der Bundesbank und der chinesischen Zentralbank (PBoC), das zweite zwischen letzterer und der Deutschen Börse. Es geht in erster Linie um die Abwicklung von Geschäften in Renminbi – also um reine Aktenverwaltung, heutzutage natürlich vollelektronisch. Anlageentscheidungen werden in Frankfurt keine getroffen. Das kann man schließlich auch nicht per Staatsvertrag festlegen.

Deutsche Politiker betonen lautstark die Vorteile für den Außenhandel, doch in Wirklichkeit geht es um Investitionen und Finanzmärkte. Aber welcher grüne Wirtschaftsminister kann schon öffentlich zugeben, etwas für den Ausbau der verteufelten Finanzmärkte zu tun? Also verbreitet man heiße Luft über Außenhandel:

Die Einrichtung eines Clearing-Zentrums in Frankfurt würde den Handel stark vereinfachen

Tarek Al-Wazir, zitiert durch die FAZ

Wenn es wirklich nur um Handel ginge, bräuchte man keinen Vertrag zwischen der Deutschen Börse und der Zentralbank. Dieser Vertrag ergibt nur Sinn, wenn über Frankfurt in Zukunft auch Dim Sum Anleihen abgewickelt werden sollen. Dies sind Anleihen, die in chinesischer Währung notieren, allerdings außerhalb Chinas gehandelt werden.

Zahl der Dim-Sum-Emittenten. Quelle: Bloomberg

Zahl der Dim-Sum-Emittenten. Quelle: Bloomberg

In Hong Kong besteht dieser Markt schon seit 2007. Im vergangenen Jahr betrug sein Emissionsvolumen etwa 12 Milliarden Dollar, insgesamt dürften 60 Milliarden Dollar ausstehen. Nicht gerade viel, aber doch ganz ordentlich für ein relativ armes Land wie China. Der Markt für Dim Sum Anleihen entstand, weil staatseigene chinesische Konzerne Anleihen begeben wollten, ohne sich mit der langwierigen Staatsbürokratie herumschlagen zu müssen. Ausgerechnet die staatliche chinesische Zentralbank, die auch als Finanzaufsicht agiert, war der erste Emittent, der die Vorschriften der Wechselkursbehörde SAFE des eigenen Landes umging. Kapitalismuskritiker werden einwenden, dass Dim Sum Anleihen ein Auswuchs des ungezügelten Finanzkapitalismus sind. Doch wenn ein Arm des Staates einen anderen kaltstellt, und dies mit Erlaubnis der Staatsführung, kann man kaum von kapitalistischen Auswüchsen reden. Wenn der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und Staatschef Xi Jinping jubeln, dass die Bundesbank und die chinesische Zentralbank jetzt gemeinsam chinesischen Staatskonzernen helfen, die Vorschriften der chinesischen Wechselkursbehörde zu umgehen, dann ist das eher ein Symptom einer aus den Fugen geratenen staatlichen Verwaltung als ungezügelter Finanzmärkte.

Nebenbei bemerkt: was sagte Xi eigentlich zu der von den Grünen unterstützten Finanztransaktionssteuer? Bestimmt hat er sich gefreut, dass Chinesen mit einem pro Kopf Einkommen von nur 6.500 Dollar in Zukunft den deutschen Wohlfahrtsstaat über die Finanztransaktionssteuer mitfinanzieren dürfen.

Und wie steht es nun um den Finanzplatz Frankfurt ?

Frankfurt hat es geschafft, London die Show zu stehlen – ein ähnliches Abkommen zwischen China und Großbritannien wird erst drei Tage später unterzeichnet, am 31.3. Doch der zeitliche Ablauf hat nicht mehr als Symbolcharakter. Denn London bleibt der führende Finanzplatz Europas, wenn nicht gar der Welt. Wie wenig Bedeutung die Abwicklung von Transaktionen für den Finanzplatz Frankfurt haben wird zeigt ein Vergleich mit dem Kampf zwischen Frankfurt und London um die Vorherrschaft bei Terminkontrakten vor rund anderthalb Jahrzehnten. Die vollelektronische Deutsche Terminbörse DTB (inzwischen in Xetra umbenannt) nahm damals der noch auf mündliches Zurufen basierenden Londoner Terminbörse LIFFE (London International Financial Futures Exchange) Marktanteile ab. Mangels Volumen musste die LIFFE schließlich ihren Handel mit Future-Kontrakten auf Bundesanleihen einstellen. Doch dem Finanzplatz Frankfurt hat dieser Sieg wenig geholfen. Zwar stehen die Computer in Frankfurt und ein Teil der Abwicklung findet dort auch statt. Die Entscheidungen werden jedoch nach wie vor in aller Welt, und insbesondere in London getroffen.

Ähnlich dürfte es auch mit dem geplanten Renminbi-Handel verlaufen. Denn wo genau die Transaktion verbucht und abgewickelt wird spielt kaum eine Rolle. Wie bei allen Dienstleitungen findet die Wertschöpfung an der Stelle statt, wo die Entscheidungen getroffen werden. Und das sind nach wie vor London und Luxemburg. Dazu kommt, dass London seit einem halben Jahrhundert im Markt für Eurobonds führend ist. Menschen mit den entsprechenden Kenntnissen leben in London und der Nachwuchs wird dort ausgebildet. Eurobonds werden meist nach englischem Recht begeben, so dass es logisch ist, dass dieser Markt in London sitzt. Chancen, dass plötzlich die ganze Welt von englischem Recht auf deutsches BGB umsteigt bestehen keine. Da spielt es keine Rolle, wo die Computer stehen.

Tarek Al-Wazir. Bild: Martin Rulsch, Wikimedia Commons

Tarek Al-Wazir. Bild: Martin Rulsch, Wikimedia Commons

Der geplante Renminbi-Handelsplatz sagt viel über die angeblich unterregulierten Finanzmärkte. Noch mehr sagt er über das propagandistische Talent der deutschen Regierung. Einerseits wettert man populistisch gegen ungezügelte Finanzmärkte und fordert eine Finanztransaktionssteuer. Andererseits tut man in der Praxis eben doch genau das, was die wirtschaftliche Vernunft gebietet. Wer hätte gedacht, dass Tarek Al-Wazir einmal deregulierte Finanzmärkte fördern würde? Und dabei der chinesischen Staatsführung hilft, die eigenen Wechselkursbeschränkungen auszuhebeln?

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