Die amerikanische Regierung kritisiert die deutsche Wirtschaft, die zu stark auf Export ausgelegt ist, zu hohe Überschüsse erwirtschaftet und nicht genug Binnennachfrage hat. Jedes Jahr amüsiert die amerikanische Regierung, die selbst keine aktive Industriepolitik betreibt – wohlgemerkt aus gutem Grund – dann aber anderen Staaten gute Ratschläge zu gerade solchem Interventionismus erteilt. Im letzten Jahrzehnt waren die Chinesen stets Empfänger der zweifellos wohlgemeinten Ratschläge. 2013 trifft es nun die Bundesrepublik.
Überraschend waren dann aber doch die bejahenden Reaktionen der üblichen Bedenkenträger: von „Scheinvermögen“ (SPD) ist die Rede, die diese Exportüberschüsse darstellen. Man solle lieber die Binnennachfrage stimulieren und in Deutschland investieren (DIW), anstatt die Überschüsse im Ausland zu investieren.
Warum sollen Auslandsinvestitionen denn so schlimm sein? Die deutsche und übrigens auch die japanische Automobilindustrie konnten ihre Wettbewerbsfähigkeit über Jahrzehnte hinweg nur wahren, weil sie rechtzeitig weltweit investierten. Von Brasilien bis England fehlte den auf den heimischen Markt fokussierten Herstellern das Volumen, um neue Technologien zu entwickeln. Dieser Fehler unterlief auch der deutschen Solarindustrie. Sie konzentrierte sich auf den bewölkten heimischen Markt, wogegen die chinesischen und amerikanischen Solarunternehmen von vorneherein global investierten und heute so hohe Stückzahlen produzieren, dass ihre Kosten weit unter denen des europäischen Mittelstands liegen.
Und ob nun eine höhere Binnennachfrage in Deutschland Arbeitsplätze schafft, steht in den Sternen. Wenn mehr Konsum in Kleidung aus Bangladesch, Turnschuhe aus China oder Fernseher aus Korea fließt, entstehen keine Arbeitsplätze in Deutschland. Selbst die Brötchen kommen heutzutage aus Polen. Und die Binnennachfrage nach komplizierten, ingenieurtechnisch hochwertigen Produkten, der Stärke der deutschen Industrie, wird in einem Land mit gerade einmal 80 Millionen Einwohnern immer begrenzt bleiben, Binnennachfrage hin oder her.
Ein Blick auf die historische Entwicklung der Exportüberschüsse anderer Staaten zeigt, dass sie selten von Dauer sind. Chinas Rekordüberschüsse gehen seit 2007 zurück. Brasilien, eines der noch vor kurzer Zeit als zukunftsträchtig bejubelten BRIC-Länder (Brasilien, Indien, Russland, China), musste zusehen, wie sich seine Überschüsse in Luft auflösten und zu Defiziten wurden. Wenn sich keine Trendwende einstellt, wird Japan bald das gleiche Schicksal erleiden. Jude Wanniski, einer der Architekten von Reagonomics, verfasste schon im Jahr 2003 einen Kommentar zu Handelsüberschüssen und -defiziten, der auch heute noch interessant zu lesen ist.
Ein Radikalumbau der deutschen Wirtschaft, die logische Konsequenz aus der Forderung nach weniger Exporten, dürfte in einem Radikalabbau enden. Skepsis ist angebracht, wenn suggeriert wird, man könne die Wirtschaft steuern. Besonders, wenn solche Ratschläge von einer Regierung kommen, deren Laissez-faire Taten genau das Gegenteil ihrer planwirtschaftlichen Rhetorik sind.
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