Staatsschulden am Ende der Niedrigzinsen: Risiko für Ausgabenpolitik der Großen Koalition

Fälligkeit der Schulden Deutschlands

Letzte Woche verkündete die amerikanische Zentralbank den langsamen Ausstieg aus ihren Anleihekäufen und läutete damit das Ende der Niedrigzinsphase ein. Fast synchron dazu verkündete die Große Koalition ihre großzügigen Ausgabenprogramme, die dank der starken Wirtschaft derzeit bezahlbar erscheinen. Da hat man wohl den Kopf in den Sand gesteckt.

Wir wollen nachzurechnen, was wohl dem Steuerzahler droht, wenn die Zinsen wirklich steigen sollten. Zunächst einmal die schlechte Nachricht: viele der im Jahr 2014 fälligen Schulden wurden vor einem Jahrzehnt bei weit niedrigeren Zinsen aufgenommen. Schäuble kann sie jetzt zu niedrigeren Kupons erneuern und spart somit selbst trotz steigender Zinsen vorläufig Kosten. Das Fatale der augenblicklichen Lage ist also, dass sich das Problem kurzfristig noch nicht bemerkbar macht, und fleißig weiter Schulden aufgenommen werden können.

Mehr als die Hälfte der Schulden des Bundes, nämlich 652 Milliarden Euro, werden jedoch innerhalb der nächsten fünf Jahre fällig, und über diesen Zeitraum betrachtet sind Zinssteigerungen gar nicht so unwahrscheinlich. In den letzten Monaten sind einige Zinsen bereits in die Höhe geschnellt. Beispielsweise wurden die zweijährigen Bundesschatzanweisungen vom November 2012 damals mit einer Rendite von 0,1 Prozent platziert, haben jetzt aber schon trotz inzwischen nur noch einjähriger Fälligkeit eine Rendite von etwa 0,5 Prozent. Da sie noch ein Jahr lang läuft, hat die Steigerung keine Auswirkung auf den Haushalt (aber die Anleger haben Pech), wird aber zum Zeitpunkt der Refinanzierung durchschlagen.

Gehen Zinssteigerungen erst einmal richtig los, kostet jedes Prozent an höheren Zinsen 6,5 Milliarden Euro pro Jahr bei der Refinanzierung der in den nächsten fünf Jahren fälligen Schulden. Das sind etwa zwei Prozent des Bundeshaushalts, die dann fehlen.

Ein weiteres Risiko liegt in der kurzfristigen Fälligkeitsstruktur, mir der Schäuble sein Schuldenproblem verschleiert. Zwar hat der Bund eine Reihe langfristiger Anleihen begeben, darunter auch solche mit dreißigjähriger Laufzeit. Doch ein Viertel der in diesem Jahr fälligen Schulden wurde vor nur einem Jahr aufgenommen, ein weiteres Viertel innerhalb der letzten zwei Jahre. Es gibt anderswo zwar schlimmere Fälligkeitsprofile, doch die Regierung versucht nicht ernsthaft, die Gunst der Stunde zu nutzen, um von den Niedrigzinsen langfristig zu profitieren. Oder vielleicht findet man einfach nicht genug freiwillige Investoren in langfristige Bundesanleihen bei den derzeitigen Zinsen und muss deshalb auf Banken zurückgreifen, die mit kurzfristigen Staatsanleihen angesichts der neuen Anforderungen an Liquidität ihre Fristenkongruenz wahren können. Der Missbrauch des Bankensystems zur Finanzierung von Haushaltsdefiziten endet selten gut. Die Finanzierung durch kurzfristige Anleihen, weil man Zinsen sparen wollte, löste die Asienkrise vor 15 Jahren aus. Schäuble war damals Innenminister und ist mit den Details wahrscheinlich nicht vertraut. Je kürzer die Fälligkeit der Bundesschulden, desto schneller werden Zinssteigerungen den Handlungsspielraum Schäubles beschränken.

Angesichts der Rekordverschuldung des Staates wäre jetzt der passende Augenblick zum Schuldenabbau. Dies war genau das Szenario, das dem von vielen Ausgabenpolitikern vergötterten Lord Keynes vorschwebte: Aufbau von Reserven zu guten Zeiten, Ausgaben nur in schlechten. In der Praxis sind seine Lehren jedoch zur faulen Ausrede für Ausgabensteigerungen in jeder beliebigen Wirtschaftslage verkommen, aber so funktioniert Politik halt nun mal außerhalb des Elfenbeinturms von Cambridge.

Technische Nachtrag: Schulden der Länder und Kommunen habe in etwa die gleiche Größenordnung wie die des Bundes. Ich habe sie hier nicht berücksichtigt.

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  1. Die „Finanzkrise“

    (aus „Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld“, 1916) „Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und der Überschuss wird von den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen Realkapitalien verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins, und die Unternehmer können keinen Zins bezahlen, wenn das, was sie bauen, nicht wenigstens den gleichen Zins einbringt, den die Sparer fordern. Wird aber eine Zeitlang an der Vermehrung der Häuser, Werkstätten, Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der Zins dieser Dinge. Dann können die Unternehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das Geld bleibt in den Sparkassen liegen, und da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse der Sparer gekauft werden, so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen zurück. Die Krise ist da.“

    (Genesis_3,14-19) „Da sprach Gott der HERR zu der Schlange: Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang. Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.
    Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.
    Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.“

    Himmel und Erde = Nachfrage (Geld) und Angebot (Waren)
    Paradies = freie Marktwirtschaft
    Früchte tragende Bäume = Gewinn bringende Unternehmungen
    Baum des Lebens = Geldkreislauf
    Baum der Erkenntnis = Geldverleih
    Frucht vom Baum der Erkenntnis = Urzins des Geldes
    Gott = künstlicher Archetyp „Investor“
    Adam = Sachkapital, bzw. der mit eigenem Sachkapital arbeitende Mensch
    Eva = Finanzkapital, bzw. der in neues Sachkapital investierende Mensch
    Tiere auf dem Feld = Arbeiter ohne eigenes Sachkapital
    Schlange = Sparsamkeit (die Schlange erspart sich Arme und Beine)
    Erbsünde = Privatkapitalismus (Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz)
    Kopf der Schlange = Kapitalmarktzins (Sachkapitalrendite)
    Nachkommen Evas = neue Sachkapitalien
    Nachkommen der Schlange = Geldersparnisse

    (Genesis_3,22) „Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist.“

    Kain und Abel = Ackerbau und Viehzucht
    Sintflut = Hyperinflation

    Jüngstes Gericht

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