Finanztransaktionssteuer = Energiewende 2,0

Mal wieder kommt eine Gebühr, die den Bürger nichts kosten soll: die Finanztransaktionssteuer, auch Tobinsteuer genannt. Von vielen Antikapitalisten seit Jahren zur Eindämmung angeblich ungezügelter Finanzmärkte gefordert, wurde sie ursprünglich durch die geplante Verwendung der Erträge zur Entwicklungshilfe gerechtfertigt. Seit der Finanzkrise braucht man keine Bilder hungernder Kinder mehr, sondern sieht sie als Strafsteuer auf Banken, die in der Krise gerettet wurden. Prompt wurden Entwicklungsländer von finanzmarktkritischen Aktivisten fallen gelassen. Von einer Robin-Hood Steuer ist heute nur noch in Propagandavideos der Organisation attac die Rede.

Weshalb genau Kapital besteuert werden muss, ist ohnehin nicht klar. Schließlich handelt es sich dabei entweder um bereits versteuertes Einkommen, das gespart wurde, oder um zukünftig zu erwartendes Einkommen, dass versteuert wird, wenn es dann tatsächlich verdient wird. Jegliche Besteuerung von Kapital ist also dubios per se.

Letztlich geht die Finanztransaktionssteuer auf ein Missverständnis zurück, nämlich den Irrglauben, Märkte und Banken wären das Gleiche. Darauf beruht die gesamte europäische Finanzarchitektur. Anstatt echte Märkte zu schaffen, auf denen Anleger ihr Kapital investieren, lässt man Banken die Wirtschaft und auch den Staat mit ihren Bilanzen finanzieren. Das Ergebnis: wenn irgendwo ein Staat wackelt, bricht das ganze System zusammen.

Die zu erwartenden Konsequenzen sind schon bekannt. Schweden ging mit einer Finanztransaktionssteuer in den 1980er Jahren baden – die Mehreinnahmen beliefen sich auf gerade einmal 50 Millionen anstatt der versprochenen Milliardensummen. Dazu kam ein Rückgang der Einnahmen von Steuern auf Spekulationsgewinne, weil die Zahl der Transaktionen sank. Unterm Strich verzeichnete Schweden eine kräftiges Minus.

Der britische Wellcome Trust, eine wohltätige Organisation, die Armut in der dritten Welt durch Erträge aus ihrem nicht unerheblichen Stiftungsvermögen bekämpft, geht davon aus, dass sie die Steuer 32 Millionen Pfund im Jahr kosten wird. Das entspricht den Kosten eines Hilfsprojekts in Kenia mit 600 Mitarbeitern. Ähnliche unbeabsichtigte Nebenwirkungen wird die Steuer Sparer haben, die Rücklagen für ihre Rente bilden. Die Fondsgesellschaft BlackRock schätzt, dass ein heute 40jähriger Anleger in einem aktiv verwalteten europäischen Aktienfonds bei einer Anlage von 10.000 Euro nach 20 Jahren durch die Steuer um rund 15.000 Euro schlechter dastehen wird als bisher. Noch absurdere Auswirkungen hat die Steuer auf Staaten, in denen Renten nicht auf dem Umlageverfahren wie in Deutschland und Frankreich, sondern auf Kapitalrücklagen beruhen. Für Lehrer, Krankenschwestern Polizisten und Feuerwehrleute haben amerikanische Kommunen Pensionsfonds eingerichtet, die weltweit, also auch in Europa, investieren. Die werden jetzt auch die Transaktionssteuer zahlen müssen. Damit bleibt aber für die Rentner später nicht weniger übrig. Vielmehr müssen die Kommunen, also der Steuerzahler, höhere Einzahlungen leisten. Kurzum: amerikanische und japanische Steuerzahler werden die europäische Finanztransaktionssteuer finanzieren, die europäische Wohlfahrtsstaaten finanziert.

Es ist also wie bei der Energiewende: sie sollte nichts kosten, zum Schluss ist es aber eben doch der Bürger, der die Rechnung präsentiert bekommt.

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Dijsselbloem-Interview im Handelsblatt

Jeroen Dijsselbloem. Bild: Wikipedia Creative Commons.

Jeroen Dijsselbloem.

Der Mann ist Politiker der sozialdemokratischen Arbeitspartei (PvdA – Partij van de Arbeid), hat aber wirtschaftspolitisch vernünftige Ansichten, von denen deutsche Politiker links der Mitte etwas lernen können. In der Wochenendausgabe des Handelsblatts fordert der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Djisselbloem, nachhaltiges Wirtschaften nicht nur von den bekannten Krisenstaaten, sondern auch von Deutschland und Frankreich. Das Interview bringt Fans kontinuierlich steigender Staatsausgaben zur Ankurbelung des Wachstums, dass sich daraufhin nie einstellt, auf die Palme. Wir warten gespannt auf die Antwort der deutschen SPD-Genossen.Continue reading Diesem Blog folgentwitterlinkedinrsstwitterlinkedinrss
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Frankreichs Arnaud Montebourg Setzt EZB Unter Druck

Arnaud Montebourg, EZB, Fed, Federal Reserve, Industriepolitik, Niedrigzinspolitik

In der heutigen Ausgabe der Wirtschaftszeitung Les Echos verlangt der französische Minister Arnaud Montebourg von der EZB eine aktivere Geldpolitik (La Fed, un nouveau modèle pour la BCE?Die Fed, ein neues Modell für die EZB?). Das Fragezeichen ist vermutlich als Befehlszeichen gedacht.

In dem Artikel schreibt Montebourg der Niedrigzinspolitik der amerikanischen Fed den Aufschwung seit der Krise zu. Auch die Regierung betreibe eine Industriepolitik mit Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Fracking zur billigen Energiegewinnung aus Schiefergas.Continue reading Diesem Blog folgentwitterlinkedinrsstwitterlinkedinrss
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